Das Fragmentarische, der umgebende Raum und deren Darstellung in Collagen sind zentrale Aspekte der Arbeiten von Christiane Marek. Sie fokussiert auf die fotografische Widersprüchlichkeit zwischen Dokument-Sein und fiktionalem Sein.In diesem Zustand "dazwischen" entsteht an den Rändern der Fotografie, aus dem Spiel und dem Staunen im Moment ein neues Bild. Diese "zweite Belichtung" in Form der Rephotographie ist ein Punktum ihrer Arbeiten.
Häufig positioniert sie eine Fotografie in einer neuen Fotografie. Sie verschachtelt und ordnet Bildfragmente neu. Zweidimensionale Bildebenen werden für den Moment des Fotografierens dreidimensional umgesetzt, um letzten Endes wieder in den zweidimensionalen Raum des Prints zurückzufinden.
Verfremdung entsteht durch mehrere Durchgänge im Reproduktionsprozess des Bildmaterials, das dabei verschiedene Druck-Print-Phasen durchläuft, um dann wieder neu eingesetzt zu werden. Die entstehenden Veränderungen und Unschärfen schweben zwischen Original und neuer Arbeit. Diese Überführung ist der sublime Prozess, der sie interessiert.
Sie bedient sich dabei sowohl eigenem, als auch gefundenem Bildmaterial. Quellen sind historische Aufnahmen aus Büchern oder gefundenen Familienfotos. Analoges Fotomaterial, C-Prints eigener Bilder, Glas, Textfragmente aus Büchern - vor allem psychoanalytische Texte - sind die Arbeitsmaterialien. Diese Interventionen am fotografischen Bild entstehen sowohl digital als auch analog, durch Fragmentieren ,Überlagern, Hineinschneiden.
Nicht der Verweis auf einen Referenten steht im Vordergrund, sondern eine Visualisierung zum Verstehen der Bildoberfläche. Dabei interessieren die sekundären Prozesse, nicht die Aufnahme als solches, sondern ihre Möglichkeiten. Der Zugang zu Bildoberflächen und ihren Ideen entspricht ihrer Aneignung durch die Photographie. Das skulpturale Potenzial von zweidimensionalem Material ist für sie der ontologische Einstieg in ihre Arbeiten.
In der „Einschreibung im Anderen“ und einem "Nachdenken über "Autorenschaft" fühlt sie sich der Appropriation Art verbunden. Im aktiven Umgang mit Bildmaterial liegt für sie die Möglichkeit sonst unzugängliche Erfahrungen zu machen und die Lücke zwischen den beschreibenden Worten zu etwas eigenem Erfahrbaren zu machen.
Dr. Veronica Diem (2022)